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Genealogie Selmayr


5. Geschichten Betz-Grünwald

Geschichten und Begebenheiten 

Betz - Grünwald

Artikel "Ehelizenz und Bierausschank" von Gerhard Selmayr, 
veröffentlicht in "Blätter des Bayerischen Landesvereins für Familienkunde" - 72. Jahrgang, 2009, S. 2 - 10.

Der Artikel behandelt auf der Grundlage der Einbürgerungsakte 1813/19 im Stadtarchiv München die  Schwierigkeiten, die Josef Betz (KékuleNr. 4 der Vorfahrentafel Betz-Grünwald) zu überwinden hatte, um nach dem Tod seiner ersten Frau weiterhin im Hammertaler-Hof im Tal in München Bier ausschenken zu dürfen



EHELIZENZ UND BIERSCHANKGERECHTIGKEIT
-Einbürgerung und Heirat von Joseph Betz, Wirt des Hammerthaler Hofs im Thal in München - 
verfasst von Dr. Gerhard Selmayr
Veröffentlicht in „Blätter des Bayerischen Landesvereins für Familienkunde“ (72. Jahrgang, 2009), Seiten 2 bis 10


Der Inhalt der nachfolgend verkürzt dargestellten Akten aus dem Stadtarchiv München zeigt beispielhaft, wie eng für unsere Vorfahren Lebensunterhalt, Gewerbebetrieb und Gattenwahl miteinander verbunden waren. Als im Jahr 1813 der 36 jährige Joseph Betz die 56 jährige Witwe Eleonora Neumayr heiratete, suchte die letztere eine tüchtige Hilfe, um nach dem Tod ihres zweiten Mannes die Bierwirtschaft im Hammerthalerhof im Thal in München weiterführen zu können. Joseph Betz seinerseits wollte durch seine Verehelichung mit Eleonora den wirt-schaftlichen Aufstieg vom "Oberknecht beym bürgerl. Thorbräu" in München zum selbständigen Wirt erreichen. 

Mit der Heirat erreichte er zwar dieses Ziel. Nach dem Tod der Eleonora 1820 bestand jedoch die große Gefahr, daß er die Bierwirtschaft im Hammerthalerhof, den er lediglich gepachtet hatte, mangels Schankkonzession nicht weiterführen durfte. Das Recht, in diesem Haus Bier ausschenken und Gäste beherbergen zu dürfen, war nämlich nicht an das Grundstück (sogenanntes `radiziertes´ Schankrecht), sondern an die Person seiner Frau Eleonora gebunden und mit ihrem Tode erloschen. Er hatte es der Fürsprache seiner Münchner Wirtskollegen sowie des Eigentümers des Hammerthalerhofs und der Einsicht der Behörden zu verdanken, daß er die Konzession zur Weiterführung der Bierwirtschaft erhielt. 

Dass hierbei auch seine Wiederverehelichung eine Rolle spielte, deutet sich in den Gründen für die Erteilung der Konzession durch die Kammer des Innern der königlichen bayerischen Regierung an. Diese weist nämlich nicht nur darauf hin, dass der "Petz keinen andern Erwerbs-zweig als diese Bierschenke, die noch immer miethweise im Ammerthalerhofe ausgeübt wird," besitze, sondern stellt darüber hinaus auch fest, dass diese Bierwirtschaft, "wenn sie ordentlicher betrieben wird, was bei der Wiederverehelichung des Petz zu hoffen steht, ...... zureichende Nahrung giebt."

Ob neben der Mitgift und der Herkunft auch Liebe und Zuneigung eine Rolle spielten, als Joseph Betz seine 2. Frau ehelichte, ist nicht gesichert. Bemerkenswert ist jedoch folgendes: die 29 jährige Theresia Fritz, Wirtstochter von Obertraubling, die bei Antragstellung auf Weiterführung der Schankkonzession am 15.2.1820 den Joseph Betz unter der Voraussetzung, dass er die Konzession erhalte, heiraten wollte, war nicht die richtige Frau für den Betz. Dies war wenigstens die Meinung des Eigentümers des Hammerthalerhofs, des Münchner Melbers Johann Doll. Dieser erklärte nämlich gegenüber den Behörden, dass Joseph Betz nicht im Stande sei, wenn er sich mit seiner gegenwärtigen Braut vereheliche, wieder ein Vermögen zu erwerben, "weil diese die Wirtschaft zu wenig versteht und auch selbst wohl nicht viel Vermögen im Hause besitzen kann, indem sie sogleich ihre Zuflucht, um sich gehörig kleiden und herausputzen zu können, zu den hinterlassenen Kleidern der verstorbenen Ehefrau des Petz nehmen mußte."
 
Als die Konzession nach über 5 Monaten, in denen Joseph Betz gegen den ersten ablehnenden Bescheid Berufung einlegen und um seine Existenz bangen musste, erteilt worden war, heiratete er nicht die 29 jährige Theresia Fritz, sondern die 33 jährige Katharina Buchmayr, Tochter des Mitterwirts in Moosinning. Als Trauzeuge dieser Verehelichung erscheint auch Johann Doll, der Eigentümer und Verpächter des Hammerthaler Hofs. Der Ehevertrag zwischen Joseph Betz und Katharina Buchmayr ist noch nicht aufgefunden. Es dürfte interessant sein, ob Katharina mehr als die 1000 Gulden, die Theresia Fritz einzubringen versprach, als Heiratsgut von ihren Eltern erhielt. Auf jeden Fall kam Joseph Betz in dieser Ehegemeinschaft zu Wohlstand, denn sein Sohn Joachim konnte, als er 28 Jahre später in die Bogenhauser Wirtschaft Grünwald einheiratete, 10 000 Gulden in die Ehe einbringen.



GEKÜRZTE DARSTELLUNG DES AKTENINHALTS

Die Einbürgerungsakten Nr. 1813/19 im Stadtarchiv München betreffen: Die Verehelichung der Bierwirts-Witwe Eleonora Neumayr mit Joseph Betz, A.D. 1813 ("Hammerthaler Hof") sowie die Verehelichung des Joseph Betz mit Katharina Buchmayr, A.D. 1820.


30.6.1813: 
Gesuch der Wittwe Eleonora Neumayr um Heiratslizenz mit Joseph Betz sowie um dessen "Bürgerrechtsannahme und Einweisung in die national Garde III ter Klaß". In dem Gesuch führt Eleonora Neumayr aus, daß Joseph Betz am 30.7.1777 geboren, jetzt 36 Jahre alt und "mit aller Zufriedenheit Oberknecht beym bürgerl. Thorbräu gewesen" sei. Er sei "der militair Pflichtigkeit bereits entlassen, hat sich auch als Bräuknecht vieles erspart."

2.8.1813:
Auf Nachfrage der königl. baierischen Polizey Direction legt die Witwe zum Nachweis ihres Alters einen Taufschein, zum Nachweis ihrer Vermögensverhältnisse eine entsprechende Aufstellung und den Ehevertrag mit Joseph Betz vor, nach dem diesem nach ihrem Tod sämtliches Vermögen in Händen bleibt (Die genannten Unterlagen sind in den Akten des Stadtarchivs München nicht enthalten) .

14.8.1813:
Stellungnahme des königl. baier. Generalkommissariats des Isarkreises: "Nachdem die Inhaberin der Bierschenke Nro. 135 Eleonora Neumayrin bereits 56 Jahre als ist, ihr vorgeschlagener Ehegegenstand Joseph Betz aber erst 36 Jahre zählt, daher durch Uebertragung der Bierschenke auf Betz das wahrscheinliche Erlöschen derselben um vieles hinausgeschoben würde, so kann man auf die von der k. Polizey-Direction vorgeschlagene Umschreibung nicht bey seiner königlichen Majestaet gutachtlich antragen. Da indessen die Interessenten ihr Gesuch nicht auf Umschreibung der Gerechtsame, sondern lediglich auf Heuratslizenz stellten, auch die eventuelle Heurats-Pacta nichts von dem Gewerbe erwähnt, so hat die k. Polizey-Direction über dieses Heuratslizenz-Gesuch selbst zu erkennen. Die eingeschickten Akten folgen zurück."

23.8.1813:
Bürgerrechtsannahme für Joseph Betz und Ehebewilligung für ihn und "Eleonora Georgia Neumayr gebohrene Pogner". Mit der Bürgerrechtsannahme ergeht der Befehl an Joseph Betz, sich unverzüglich bei dem königlichen Kommando der Nationalgarde zur Einweisung zu melden.

15.2.1820:
Protokoll wegen Wiederverleihung der Melchior Neumayrschen Bierschankgerechtsame auf Joseph Betz und dessen Wiederverehelichung: 

"Joseph Betz bgl. Bierwirth dahier erscheint mit Theresia Fritz, Wirthstochter von Obertraubling, und deren Bruder, und bringt nachstehendes vor: 
So wie es aus den magistratischen Akten hervorgehen wird, besaß der erste Ehegatte meines verstorbenen Weibes, Melchior Neumayr, eine personelle Bierschanksgerechtigkeit, deren Dauer auf die Lebenszeit beyder Eheleute beschränkt war. Nach dem erfolgten Tode meines Vorfahrn erhielt ich wohl die Erlaubniß, seine hinterbliebene Witwe zu heurathen, jedoch ging ihre Gerechtsame nicht auf mich über. Ich besitze zwar kein Anwesen, habe aber den Ammerthalerhof im Thale gepachtet, wo ich zur Zufriedenheit des Publikums und vorzüglich aller Gäste die Bierwirthschaft treibe, weil ich zur Unterbringung vieler Pferde sehr geeignete Stallungen habe.

Mein Weib ist bereits verstorben, und ich wäre nun gesonnen, die anwesende Theresia Fritz, Wirtstochter von Obertraubling, k. bg. Stadtamhof, zu ehelichen, wenn mir die Erlaubniß hierzu gegeben, und die mit dem Tode meiner Gattin erloschene Bierschanksgerechtigkeit reviviscirt und auf mich übertragen werden würde.

Die anwesende Theresia Fritz erklärt unter Beistandsleistung ihres gleichfalls gegenwärtigen Bruders Ignatz Fritz, daß sie den Wirth Joseph Betz zu ehelichen bereit sey, wenn er die von seinem verstorbenen Weibe besessene Gerechtsame übertragen erhalten würde. Sie zähle 29 Jahre, erhält lt. dem anliegenden Zeugnisse 1000 Gulden ausgemachtes Vatergut und habe sich stets ordentlich aufgeführt. Uebrigens sey ihre leibliche Mutter und ein Stiefvater noch am Leben, welche mit der vorhabenden Verehelichung vollkommen einverstanden sind. Sie bittet demnach um Aufnahme als Bürgerin und um die Bewilligung, sich mit dem anwesenden Betz verehelichen zu dürfen.

Joseph Betz wiederholt schließlich seine Bitte um gnädige Verleihung der von seinem Weibe besessenen Bierschanksgerechtigkeit an ihn und unterschreibt sich
Joseph Betz
Elisabeth Fritzin
Ignatz Fritz".

21. 4 1820:
Beschluß der k. Polizey-Direction:  
Abweisung des Gesuchs auf Verleihung der Bierschankgerechtsame, da diese der verstorbenen Frau Eleonora nur persönlich verliehen war und besonders, weil Joseph Betz "kein eigenes Wohnhaus zur Ausübung seines Gewerbes" besitze und weil "mehrere Wirtschaften bereits im gleichen Quartier vorhanden" seien.

8.5.1820:
Berufung des Joseph Betz (Petz), bürgerlicher Bierwirth im Ammerthalerhof, an die königliche Regierung des Isarkreises:

"Königliche Regierung des Isarkreises!

Vor ohngefähr 7 Jahren habe ich die verwittibte Bierwirthin im Ammerthalerhof Eleonora Neumayr geehelicht, und mit ihr das Bierwirthsgewerbe in seinem vollem Umfange zur Zufriedenheit des Publicums ausgeübt.

Nun ist aber vor einiger Zeit meine Gattin mit Tod abgegangen, und es kam mir nicht im geringsten in den Sinn, daß mir rücksichtlich der Ausübung des Gewerbes für die Zukunft auch nur das geringste Hinderniß in den Weg gelegt werden dürfte.

Allein gegen alle Erwartung erfolgte von dem Magistrate der Haupt- und Residenzstadt München der in Abschrift anliegende Beschluß dt. 21.ten et praes. 25.ten Aprill abhin, nach deßen Inhalt die bisher ausgeübte Bierwirths=Gerechtsame eingezogen werden sollte.

Dieser Beschluß kam mir so unerwartet, und würde mich in seinen Folgen so unglücklich machen, daß ich dagegen die Berufung zur königlichen Regierung zuergreifen gezwungen bin.

Meine Beschwerde=Gründe zähle ich in nachfolgender Ordnung gehorsamst auf.

1 mo
Bei meiner Verehelichung hat man mich von der Qualität der von mir bisher ruhig ausgeübten Bierschankgerechtigkeit nicht im geringsten in Kenntnis gesetzt, sondern mich unbedingt als Bürger, und Bierwirth an- und aufgenommen, denn nie hätte ich mich entschließen können, eine schon ziemlich betagte Witwe zu ehelichen, wenn man mir bei diesem meinem Schritt eröffnet hätte, daß so zu sagen, meine ganze künftige Subvivtenz an die Lebensdauer meiner Gattin gebunden wäre.

2 do
Ich bin bereits ein Mann, der in Jahren vorgerückt ist, und meine Lage müßte über alle Beschreibung traurig werden, wenn ich so zu sagen, ohne Vermögen, und Gewerb in die weite Welt hinausgeworfen, und so mit einemmale zum Bettler gemacht werden sollte.

3 tio
Es tretten aber Beziehungsweise auf das von mir ausgeübte Gewerb ganz vorzügliche Rücksichten ein, die mich die gerechte Hoffnung nähren lassen, daß die fragliche Bierschenksgerechtigkeit sich von andern personellen Concessionen auffallend unterscheide.

In dem Amerthalerhofe, wo ich die Bierschenke bisher ausübte, wurde seit unfürdenklichen Zeiten das Gewerbe eines Bierwirthes ununterbrochen ausgeübt, und man kann sagen, daß auf diesem uralten Anwesen eine Bierschenksgerechtigkeit im eigentlichen Sinn des Wortes radicirt seye.

Es ist hier nicht von einem simplen Bierwirth die Rede, sondern von einem solchen, der eines der größten Gewerbe in der Hauptstadt von jeher ausübte.

In dem Ammerthalerhof war von jeher, und seit uralten Zeiten eine der frequentesten Einkehren von Boten und Fuhrleuten, und es verdient der Umstand gewiß eine vorzügliche Aufmerksamkeit, wenn ich hier in Wahrheit behaupte, daß bei mir alle Wochen gegen dreyßig Boten und Fuhrleute ihre bestimte Einkehr nehmen.

Die Wohnung, die ich inehabe, ist auch für das ausgeübte Gewerb planmäßig hergerichtet und eingetheilt, indem sich in selber nicht nur Wohnungen für die bei mir wöchentlich einkehrenden Boten und Fuhrleute, sondern auch Stallungen befinden, die nicht weniger als 40 Pferde aufzunehmen hinlänglichen Raum haben.

Alle bei mir einkehrenden Boten, und Fuhrleute würden daher auf den Fall, wenn es bei dem eben so unerwarteten Beschluß des Magistrats der Haupt= und Residenzstadt München bliebe, zugleich mit mir in die größte Verlegenheit geraten, indem es für selbe nicht gleichgültig seyn könte, mit ihrer Einkehr in irgend einem andern Winkel der Stadt so plötzlich geworfen zu werden.

4)
Aber auch die Ausübung eines Bierwirthsgeschäfts ist in dem Ammerthalerhof das dringendste Bedürfniß, wenn man die Lokalität desselben auch nur oberflächlich überblickt.

Der Ammerthalerhof liegt nemlich so recht in der Mitte des Thales, eines Theils der Stadt, der zuverläßig einer der bevölkertsten ist.

Nun befindet sich vom Rathhausthurm angefangen bis tief in das Thal hinunter links und rechts kein Wirth, denn erst der sogenannte Oberfutterbenni, der tief im Thal liegt, übt das Gewerbe eines Bierwirthes aus.

Es befinden sich zwar in meiner Nachbarschaft 3 Weinwirthe; allein, nur der wenigste Theil des Publicums ist es, dem es Verhältniße erlauben, daselbst seine Einkehr zu nehmen, sondern es ist vorzüglich der gemeine Bierwirth, der von dem größten Theil des Publicums besucht wird.

5.)
Es ist hier nicht die Rede von Vermehrung eines Gewerbes, sondern nur von ununterbrochener Fortsetzung eines solchen, welches seit unfürdenklichen Zeiten in dem sogenannten uralten Ammerthalerhof zum Vortheil des hiesigen, und des reisenden Publicums zur allgemeinen Zufriedenheit stetsfort ausgeübt wurde.

Alle Umstände vereinigen sich daher zur Aufrechthaltung dieses uralten Rechtes.

Unter diesen Rücksichten nun wage ich es, die königliche Regierung unterthänigst gehorsamst zu bitten,
gerechtest zuerkennen, daß ich noch ferner, wie bisher, befugt seyn solle, die Bierwirthsgerechtigkeit auf dem bezeichneten Platze, nämlich im Ammerthalerhofe, wie bisher zum Vortheil des Publicums auszuüben.

Da ich mich übrigens überzeugt habe, daß auch der Magistrat der Haupt= und Residenzstadt München, wäre er als Unter=Polizey=Behörde nicht so sehr auf strenge Normen hingewiesen, mein Gesuch in Berücksichtigung der Localverhältniße nicht abschlägig verbeschieden hätte, so hoffe ich nur um so mehr von der königlichen Regierung als Oberpolizeybehörde Gewährung meiner Bitte, die sich offenbar auf Grundsätze der höchsten Billigkeit gründet.
                                              In tiefster Ehrfurcht empfehle ich mich
                                                        Der königlichen Regierung !

München, den 8.ten May 1820
unterthänigst gehorsamster Joseph Petz bürgerlicher Bierwirth im Amerthalerhof.
Verfügung 4 f 30 x
Schreibgebühr 1 " - "
Sigl - " 24" 
Exped - " 10 "  
                        unleserliche Unterschrift


20.6.1820:
Anordnung der königlichen Regierung an den Magistrat der k. Haupt- und Residenzstadt München zur weiteren Prüfung des Falles sowie zur Einholung von Stellungnahmen der Wirtekommission, des Eigentümers des Hammerthaler Hofs usw.

5.7.1820:
Befürwortende Stellungnahme der Magistratskommission (Wirtekommission). Dieser Ausschuss, bestehend aus fünf Münchner Bierwirten, stellt zwar fest, dass die bisherigen Gäste des Hammerthaler Hofs auch anderweitig bewirtet und ebenso ein anderer Bierwirt anstelle des Betz gefunden werden könne, fährt aber dann fort: 

„.Allein die Unterzeichneten verkennen nicht, wie unangenehm es für ihren bisherigen Gewerbsgenossen wäre, wenn er auf die Ausübung der bisher geführten Bierwirthschaft gänzlich Verzicht leisten müsse…… Aus diesem Grunde möchten denn die Unterzeichneten ihre Zustimmung zur Übertragung der durch den Tod seiner Ehefrau erloschenen Konzession auf ihn um so mehr geben, als selbst schon die allerhöchste Verordnung vom 11. September 1804 ausdrücklich befiehlt, dass bei der Wiederverleihung einer erledigten Gewerbs Befugnis auch auf die hinterbliebenen Witwen oder Kinder Rücksicht genommen werden muss, …..“ Und dies, so meinten die fünf Münchner Bierwirte, müsse auch in vorliegendem Fall recht und billig sein.


6.7.1820:
Stellungnahme des Joh. Doll, bgl. Melber in München

"Protokoll in Betreffs des Gesuchs des Joseph Petz um Ertheilung der durch den Todt seiner Ehefrau erledigten Bierschenkskonceßion und der Bewilligung der Wiederverehelichung abgehalten den 6. Juli 1820.

Joh. Doll, bgl. Melber in München, welcher heute erscheint, giebt in dem obenstehenden Betreff folgende Erklärung zue Protocolle:

Im Jahre 1803 kaufte Joh. Doll den sogenannten Amerthalerhof, in welchem sich schon immer ein Bierwirth in der Miethe befand. Nachdem nun sein Bruder Anton Doll, welcher in dem sogenannten Eberlstadl vor dem Sendlinger Thor forher seine Bierwirtschaft ausübte, durch Demolierung derselben in die Nothwendigkeit gesezt war, sich eine andere Gelegenheit zur Fortsetzung seiner Bierwirtschaft zu suchen, so nahm der Anwesende ihn in die Miethe auf, und nach dessen Tode setzte sein Nachfolger Melchior Neumaier und endlich auch Joseph Petz den näml. Miethvertrag fort.

Dieser Miethvertrag ist aber auf keine bestimmte Zahl von Jahren beschränkt, sondern kan alle halbe Jahre gleich einer andern Wohnungsmiethe nach vorheriger Aufkündigung wieder aufgelöset werden und Joh. Doll ist gegenw. auch wirklich gesinnet, dem Jos. Petz auf kommendes Neujar …… diese Miethe aufzukündigen, wenn dieser anders nicht anfängt, eine bessere Wirthschaft wie bisher zu führen. Denn gegenwärtig erwirbt sich Petz weder die Zufriedenheit seiner Gäste, noch die des Hauseigenthümers oder der übrigen Bewohner desselben, und wird, wenn es so fort geht, seine Wirthschaft immer mehr und noch verschlechtern, ohngeachtet derselbe in diesem Hause eine so günstige Gelegenheit zur Ausübung einer Bierwirthschaft besäße, indem sich in demselben Stallungen für 40 Pferde vorfinden und über 30 Bothen und Fuhrleute, nämlich der Tölzer und Erdinger ……...., dort einkehren.

Ob und welches Subsistenz Mittel aber dem Jos. Petz für den Fall übriget, wenn ihm seine Bierschenkkoncession gänzlich eingezogen werden sollte, weiß freilich Joh. Doll nicht, denn das Vermögen, welches Petz gegenwärtig besitzt, ist unbedeutend und durch seine Schuld so unbedeutend geworden, noch weniger aber dürfte sich derselbe, wenn er sich mit seiner gegenwärtigen Braut verehelicht, wieder ein Vermögen zu erwerben im Stande sein, weil diese die Wirtschaft zu wenig versteht und auch selbst wohl nicht viel Vermögen im Hause besitzen kann, indem sie sogleich ihre Zuflucht, um sich gehörig kleiden und herausputzen zu können, zu den hinterlassenen Kleidern der verstorbenen Ehefrau des Petz nehmen mußte. 

Der Pachtschilling, welchen Joseph Betz für das gemiethete Lokal im Ammerthaler Hofe jährlich zu entrichten hat, beträgt 400 Gulden.

Zur Bestätigung dessen folgt die Unterschrift 

Johann Doll, bürgerlicher Melber 

Die Magistratskommission."


18. Juli 1820

Kammer des Innern
Im Namen seiner Majestät des Königs von Baiern

Auf Vortrag über die mit Bericht de praes. 14. d. M. vorgelegten Akten die Berufung des Bierwirths Joseph Petz wegen nicht bewilligter Fortsetzung der von seiner verstorbenen Frau in personeller Eigenschaft besessenen Bierschenkskoncession hat man mit Aufhebung der magistratischen Entschließung vom 21. April d.J. beschlossen, daß dem Joseph Petz die Fortsetzung dieser personellen Bierschenkbefugniß und die Wiederverehelichung zu gestatten sey.

Gründe.
Anton Doll übte in dem seinem Bruder gehörigen Ammerthalerhofe im Thal eine hofbefreyte Bierschenke Nr. 135 aus, deren Fortsetzung nach seinem Tode auch seiner Witwe Eleonora und deren zweiten Ehemann Melchior Neumair, auf Lebensdauer beider durch Landesdirektions-Entschließung vom 29. May 1805 bewilligt worden ist. Als auch Neumair starb und die Wittwe in ihrem 56. Jahre zur 3 ten Ehe mit dem damals erst im 36 sten Lebensjahre gestandenen Joseph Petz schritt, ertheilte die k. Polizeidirektion am 23. August 1813 die Heurathsbewilligung, mit dem Vorbehalte, daß Petz hierauf nach dem dereinstigen Ableben des Neumair ein Gesuch um die Bierschenks Concession nicht begründen könne.

Dieser Fall ist nun eingetreten, die Konzession mit dem Tode der Eleonora Petz erloschen. Indessen besitzt Petz keinen andern Erwerbszweig, als diese Bierschenke, die noch immer miethweise im Ammerthalerhofe ausgeübt wird, und, wenn sie ordentlicher betrieben wird, was bei der Wiederverehelichung des Petz zu hoffen steht, wegen der gewohnten Einkehr vieler Bothen und Fuhrleute und der für 40 Pferde vorhandenen Stallungen zureichende Nahrung giebt. Aus diesen Rücksichten haben die Bierwirthe selbst laut Protokolls vom 5. d. M. für die Fortdauer dieser Konzession sich erkläret.

Vorstehende Entschließung ist den Betheiligten zu eröffnen und das abzuhaltende Protokoll binnen 8 Tagen abschriftlich einzusenden.

./. Acta 1 mae folgen zurück. München den 18. Juli 1820

Königliche Regierung des Isarkreises"


Anforderung unter Kontakt: gerhard.selmayr@kit.edu
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