Mobil: 0177-7421523
Mail: gerhard.selmayr@kit.edu

Genealogie Selmayr


5. Geschichten Köhne-Buchschatz

Geschichten und Begebenheiten 

Köhne - Buchschatz

DER WIND, DER HUT und eine  HOCHZEIT 
Gedicht von Pastor Busch, Köthen,

zur 
 
Hochzeit von

Heinrich Köhne und Minna Meissner am 10.4.1870 in Köthen 
(Heinrich Köhne: siehe AhnenNr. 1 a der Vorfahrentafel Köhne-Buchschatz) 
 
Über die Ereignisse, die zur Verlobung und Hochzeit von Heinrich Köhne aus Jersleben bei Magdeburg und Minna Meissner aus Köthen führten, wird von ihrem Sohn folgendes berichtet: 
Heinrich Köhne befand sich zu einem Besuch bei seinem älteren Bruder Peter , der Landwirt in Kleinpaschleben bei Köthen war. Mit diesem unternahm er auf einem Kutschwagen eine Spazierfahrt zum "Großen Gasthof" nach Köthen. Als sie die Magdeburgerstraße entlangfuhren, riß ein Windstoß Heinrich den Hut vom Kopf und wehte ihn die Straße hinunter. Die des Wegs kommende,19 Jahre junge Emma Meissner fing den Hut auf, säuberte ihn vom Straßenstaub und gab ihn dem herbeieilenden Heinrich Köhne zurück. Mit vielen Dankesworten und einem langen Händedruck soll man sich getrennt haben. 
 
Am nächsten Tag überreichte Heinrich einen großen Rosenstrauß und schon 14 Tage später verlobte er sich mit Minna. Bald darauf war das verlobte Paar zu einer Hochzeit eingeladen. Das Fest endete damit, daß Vater Meissner ein vor seinem Bräuhaus stehendes Karrussel - es war gerade Jahrmarkt - nachts um 12 Uhr wieder bespannen und festlich beleuchten ließ. Mit Drehorgelbegleitung drehte sich die Hochzeitsgesellschaft im nächtlichen Köthen im Kreise. Dies kostete wegen ruhestörenden Lärms 20 Mark. 

Die Geschichte des Kennenlernens von Heinrich und Minna wurde bei ihrer Hochzeit am 10.4.1870 in Köthen von Pastor a.D. Busch in der folgenden gereimten Fassung vorgetragen: 
 
Meine Herrschaften ! 
Ich erlaube mir, Ihnen eine aufregende Liebesgeschichte vorzutragen von dem starken Heinrich und der guten Minna und wie der Heinrich es hat angefangen, daß die Minna ihm ins Netz gegangen. 
 
Vor läng´ren Zeiten fuhr vor Schusters Tor ganz unerwartet ein Kutschwagen vor. 
Das Vorfahren war daher gekommen, 
daß der Wind einem jungen Manne den Hut genommen. 
Eine junge Dame, die gerade vorüberging, 
ihre Augen sogleich an den Wagen hing, 
und als sie den jungen Mann geseh´n, 
da war es um ihre Ruhe geschehn. 
 
Tief in das Herz die Lieb ihr drang, 
als der junge Mann vom Bocke sprang, 
um aufzuheben seinen Hut. 
Ihr drang zum Kopfe alles Blut. 
 
Doch schnell war diese Tat gescheh´n, 
nur wenig konnte den Mann sie seh´n. 
Schnell sprang er wieder auf den Bock, 
fort ging´s nach Paschleben im Galopp. 
 
Nur diesen will ich oder keinen, 
sprach in ihr das betörte Herz. 
Sie hätte können herzlich weinen, 
um auszuschütten ihren Schmerz. 
 
Doch ihre Mutter durft´s nicht wissen, 
d´rum war sie lustig fürchterlich, 
sang am Klavier nur stets vom Küssen 
und dacht allein an Heinerich. 
 
Der jedoch wußt´ nicht, was gescheh´n, 
er ahnte nichts von seinem Glück, 
er hatte Minna nicht geseh´n, 
nur auf dem Hute ruht´ sein Blick. 
 
Doch was sein soll, das findet sich 
oft komisch und auch wunderlich. 
Der Pappa hatte vom Heinrich Fässer genommen 
und dadurch ist dieser zur Minna gekommen. 
 
Als Heinrich nun die Minna geseh´n 
und was ihm da ist weiter gescheh´n, 
darüber wollen Sie mich nicht fragen, 
das kann Heinrich Ihnen am besten sagen. 

Ganz begeistert kam er zu mir zurück,
 wonnestrahlend war sein Gesicht. 
"Onkel, führe bei Minna mich ein, 
dann will ich Dir ewig dankbar sein!" 
 
Die Sache machte sich wunderbar, 
Gelegenheit bot Planz Hochzeit dar. 
Da hat Heinrich vergnügt bei der Minna gesessen, 
vor Lieb haben sie keinen Happen gegessen. 
 
Sie feierten glücklich den Abend zu zweit, 
voll waren die Herzen vor Seligkeit. 
Doch anders war es am nächsten Tag, 
da kam die Sorge, da kam die Plag. 
 
Denn die Tante sagte: "Willst Du sie frei´n, 
dann muß heut´ angehalten sein. 
Entschieden muß werden, das sage ich Dir, 
ohn´ was zu sagen, kommst Du nicht wieder zu mir." 
 
Da wurde dem Burschen das Herz sehr schwer, 
er sann im Geiste hin und her, 
er litt viel Schmerzen, litt viel Plagen, 
denn er wußte nicht, was er sollte sagen. 
 
Doch wenn die Not am allergrößten, 
ist stets die Hilfe auch am nächsten. 
Zu Besuch war gerad´ eine kleine Zerbsterin, 
die brachte Mut in seinen Sinn. 
 
"Wer wird denn gleich so ängstlich sein, 
wenn man sich will sein Mädchen frei´n?" 
Sie sagt es ihm fein und gewandt, 
wie es mit Minnas Herzen stand. 
 
Was er gesagt, das wissen die Götter. 
Er habe nichts gesagt, behaupten die Spötter. 
So viel steht fest, unbewußt 
ruhten sie plötzlich Brust an Brust. 
 
Nicht hatten sie gehört der Mutter Tritte, 
die auf einmal stand in ihrer Mitte. 
"Ach liebe Mutter, ich bitte Dich!" 
"Was gibt´s denn?" "Liebe Mutter, der Heinerich!" 
 
"Nun, was ist denn mit dem Heinerich? 
Ich bitte Dich, Minna, sprich!" 
"Ach Mutter, der Heinrich will mich frei´n 
und will auch immer bei mir sein! 
 
Ach Mütterchen, Du hast gewiß nichts dagegen 
und gibst uns gerne Deinen Segen. 
Und auch der Vater wird nicht dagegen sein. 
Nicht wahr, der Heinrich darf mich frei´n?" 
 
Vater und Mutter hatten nichts dagegen 
und gaben den Kindern ihren Segen. 
Das Brautpaar schwamm in Lust und Wonne, 
die Lieb´ war ihres Lebens Sonne. 
 
Heut´ nun sind sie im Hafen der Ehe angekommen. 
D´rum werde freudig das Glas genommen, 
mit Rosen sei bestreut ihr Lebenspfad, 
bis sich die gold´ne Hochzeit naht. 
 
Auf daß dies möge nun gescheh´n, 
laßt uns nach unser´n Gläsern seh´n, 
laßt froh dieselben uns erheben, 
Minna und Heinrich sollen leben !! 




Der Österreichfeldzug 1866
 
Tagebuchaufzeichnungen von Heinrich Köhne 
 (Heinrich Köhne: siehe AhnenNr. 1 a der Vorfahrentafel Köhne-Buchschatz)

Heinrich Köhne (1843 - 1913), nahm lt. Eintragung in seinem Militair-Paß, ausgestellt am 31. Juli 1867 in Magdeburg vom königlichen Kommando des 1. Magdeburgischen Infanterieregiments Nr. 26, an folgenden "Campagnen, ...... an Schlachten und Gefechten" des Feldzugs Preussens gegen Österreich 1866 teil:   
- 1. Treffen bei Münchengrätz, 28. Juni 1866 
- Gefecht am Muskyberge, 28. Juni 1866 
- Schlacht bei Königgrätz, 3. Juli 1866. 
 
Der "Militair-Paß" ist ausgestellt auf den  
- Musketier Johann Heinrich Köhne,  
- geboren am 19. April 1843 zu Jersleben, Kreis Wolmirstedt,  
- Größe: 3 Zoll 2 Strich 
- Religion: evangelisch 
- Stand oder Gewerbe: Kaufmann 
- Heimatberechtigt in Jersleben, Kreis Wolmirstedt 
- In das stehende Heer eingetreten am 17. October 1865 
- als Heerespflichtiger 
- Ausgehoben im Kreis Wolmirstedt Liste E pro 18. No .... 
- In Dienst getreten bei der 5. Compagnie 1. Magdeburgisches Infanterie Regiments Nr. 26. 
- Als Orden und Ehrenzeichen aus dem Feldzug gegen Österreich sind vermerkt: Königsgrätzer Kreuz 
 
Die Tagebucheintragungen von Heinrich Köhne über seine Teilnahme am Feldzug Preußens gegen Österreich im Jahr 1866 lauten: 

FELDZUG IN ÖSTERREICH 1866 
- Tagebuch von Heinrich Köhne -
Am 6. Mai 1866 wurde die Mobilmachung der ganzen preußischen Armee befohlen und wurden, nachdem schon am 14.4. die Reserven eingezogen waren, am 10.5. die Landwehr 1. und 2. Aufgebots einbeordert. Unser Regiment stand seit 10.5. auf Kriegsstärke, nämlich das Bataillon auf 1000 Mann und hatte am 12. Mai auch mit dem Abgeben und dem Empfang der Sachen beendet. Am Freitag (Himmelfahrt), den 11. Mai morgens 6 Uhr, quartierten wir aus der Kaserne und bezogen Stadtquartiere. Vom 12. Mai ab wurden täglich Appels mit Marschgepäck abgehalten. Am 17. Mai stand das Regiment marschbereit zur letzten Besichtigung des commandierenden Generals von Sehack auf dem Domplatz und am 18.5. morgens 5 Uhr rückte unser 2. Bataillon aus Magdeburg nach Buckau und bestieg dort die Bahn. 
 
Die Fahrt über Coethen, Wittenberg, Jüterborg nach Herzberg ging glücklich vonstatten. Mittags um 1/2 Uhr gelangten wir daselbst an und empfingen unsere Quartierbillets, worauf dann die 5. Comp. sofort nach GroßRössen, ca. 1/2 Stunde südlich vom Herzberger Bahnhof, marschirt und dort Cantonnements-Quartiere bezogen wurden. Ich bekam dort mein Quartier beim Gärtner Gräfe; die Quartiere dort waren der ärmlichen Gegend angemessen leidlich gut. Ein Mangel an Lebensmittel stellte sich, da sich in dieser Gegend die ganze 7. Division concentrierte, sehr bald ein; z.B. kostete 1 Pfd Butter 20, auch 25 Sgr.  
 
Hier wurden täglich Übungsmärsche vorgenommen und eines Tages sogar bis Winkelhart an der sächsischen Gränze marschirt, ein sehr anstrengender Marsch, bei welchem unsere Leute über Congestionen nach Kopf und Brust klagten und auch viele erschöpft umfielen, welche einige Tage Ruhe bedurften, um an den späteren Übungen Theil nehmen zu können. Bis 5. Juni blieben wir daselbst und rückten, da das Marschiren bei der furchtbaren Sonnenhitze sehr beschwerlich war, morgens 1/2 2 Uhr aus, um 1/2 12 Uhr Mittags gelangten wir in Spremberg an, woselbst die ganze 13. Infanterie Brigade einquartirt wurde. Mein Quartir daselbst war Schloßstraße Nr. 10 beim früheren Tuchfabrikanten Noack. 
 
Am 7. Juni hatte die Brigade Besichtigung vor Sr. Königl. Hoheit des Prinzen Friedrich Carl im vollständigen Marsch- resp. Ausrücke-Anzuge bei Heinrichsfelde. Wir rückten am 11. Juni morgens 1/2 6 Uhr daselbst aus nach Muskau, woselbst wir 1 Nacht blieben; es ging weiter nach Bremenhain, Gersdorf, Bergdorf; daselbst zogen wir auf Vorposten. Am 20. Juni überschritten wir die sächsische Gränze und marschirten stracks durch, ohne jedweden Aufenthalt; am 24. Juni rückten wir in Böhmen ein, in Friedrichsdorf wurden wir eine Nacht einquartirt, von hier aus gings weiter über Weiskirchen, Kunnersdorf bei Reichenberg. 
 
In Kunnersdorf sollten wir bis auf Weiteres liegen bleiben, schon am 2. Tage Morgens 10 Uhr erscholl von Reichenberg, woselbst das 1. Bataill. und der Divisionsstab lagen, Alarmsignale und sofort wurde ausgerückt; es ging nun weiter bis Turnau, woselbst von der ganzen Division das erste Bivouacq bezogen wurde. Lebensmittel und auch Fourage wurden aus Turnau requirirt. 
 
Am 3. Tage, am 28. Juni Morgens 6 Uhr, wurde zum Abmarsch signalisirt und, ohne eine Ahnung von dem Kommenden zu haben, gings lustig weiter, bis wir durch Kanonendonner die Ursache dieses plötzlichen Abrückens erfuhren. Es währte auch keine viertel Stunde, als wir vor uns einen großen, dem Hexentanzplatze im Harz ähnlichen felsigen Berg gewahrten, worauf sich der Österreicher festgesetzt hatte und unsere Artillerie, welche das Gefecht seit 1/2 Stunde eröffnet hatte, unausgesetzt beschossen, ohne indeß erheblichen Schaden angerichtet zu haben. 
 
Wir gingen im Sturmschritt gegen den Berg vor, ohne, wie es schien, vom Feinde bemerkt zu werden, bis wir vor einem ca. 20 Fuß breiten Bach Bistritz standen, welchen wir durchwaten mußten, und eine Granate wahrscheinlich aus Versehen in unser Bataillon fiel, aber im Sumpf erstickte und wir dies mit donnerndem Hurrah begrüßten. Kaum war unser Hurrah verhallt, als ein wahrer Hagel von Kartätschen uns begrüßte, aber - ein Glück für uns alle - dicht über unseren Köpfen hinweg pfiffen. Die Granaten, welche diesen höllischen Kugeln folgten, waren besser geschossen. Diese fielen, wenn nicht in das Bataillon, dann doch dicht davor nieder und erstickten sämtlich im sumpfigen Boden. 
 
Die ganze Infanterie war inzwischen so nahe an den Berg herangekommen, daß Granaten gar nicht mehr schaden konnten, es begann nun ein Flintenfeuer vom Berge, ohne viel Schaden anzurichten. Unserer Seits konnte, da kein Feind hinter den Felsen gesehen wurde, kein Schuß abgegeben werden und mußte ein Sturm gewagt werden. Mit Hurrah gings den fast ganz steilen Felsen hinan. Aber leider war unserem Bataillon diese hohe Freude nicht vergönnt, denn kaum war die Hälfte des Berges erstiegen, als unser Brigade Commandeur befahl, sofort umzukehren. Wir wurden um ca. 40 Schritt vom Berge wieder abgeführt, sodaß uns der Feind recht schön beschießen konnte, was auch sofort wieder geschah. 
 
Während nun der Österreicher ihre ganze Aufmerksamkeit unserem Bataillon zugewendet hatte, gingen unsere Füsiliere und das 66. Regiment auf der rechten Seite auf den Berg hoch und mit Hurrah vertrieben sie den Feind aus ihrer festen Stellung; inzwischen waren das 1. und 2. Bataillon 26. Regiments rechts um den Berg gegangen und verfolgten den abziehenden Feind, welcher sich in dem Dorfe Bostin, 1 1/2 Stunde von dem Musky-Berge entfernt, festgesetzt hatte, derselbe wurde aber nach 2 Stunden langem Gefecht auch hier hinausgeworfen und floh von unseren 10. Husaren und 27.ern verfolgt. 
 
Das Gefecht hatte ca. 6 -7 Stunden gewährt, wobei der Österreicher ca. 1000 Mann Todte, Verwundete und Gefangene hatte, unser Verlust beläuft sich auf ca. 150 Mann Todte und Verwundete. Es wurde nun bei dem Dorfe Bostin ein Bivouacq bezogen Nachmittags um 5 Uhr und auch die Todten begraben. Gegen 1/2 7 Uhr zog ein furchtbares Gewitter herauf und drohete, alles zu vernichten. Ein Donnerschlag folgte auf den andern, doch eine höhere Macht breitete schützend die Hände über unser tapferes Heer, gleichsam um uns den Beweis zu geben, daß unsere Sache, wofür wir streiten, eine gerechte ist. Denn trotzdem die Blitze regelmäßig in die Bäume vernichtend einschlugen, unter denen wir Schutz vor dem zu erwartenden Regen suchend standen, wurde doch kein einziger verletzt; endlich, gegen 8 Uhr, kam der ersehnte Regen in Strömen herab, sodaß die angezündeten Wachfeuer fast erlöschten und ein jedes bis auf die Haut durchnäßt wurde. Nachdem das Wetter ausgetobt hatte, wurden die noch zerstreut umher liegenden Österreicher begraben. 
 
Am 29.6. Morgens 10 Uhr Abmarsch aus dem Bivouacq, bis um 1/2 11 Uhr Abends marschirt und Bivouacq bei dem Dorfe X in der Nähe von Giltschin, woselbst an diesem Tage bis kurz vor unserer Ankunft (der 13. Brigade) ein paar Regimenter Preußen gegen eine weit überlegene Macht Oestreicher mit Erfolg kämpfte und sogar den Oestreicher zum Abzug brachten, sodaß wir leider unsere Hoffnung, auf freiem Felde zu kämpfen, vereitelt sahen. Wir brachen daher den anderen Morgen den 30.6. um 1/2 8 Uhr wieder auf und marschierten bis gegen 12 Uhr Nachts immer die Spur des Feindes verfolgend. Um 12 Uhr wurde ein Bivouacq bei dem Dorfe Brada bezogen.  
 
Am 1. Juli Nachmittags wurde wieder aufgebrochen und bis Horitz marschiert. Wir kamen daselbst um 11 Uhr Abends todtmüde an und empfingen auch sofort unsere Quartierbillets. Die Stadt von ca. 5000 Einwohnern war mit einer Unlast Militair belegt, so daß an eine Erholung im Quartier wohl nicht zu denken war. Ich war nur froh, hier für baares Geld wieder etwas Lebensmittel kaufen zu können und habe ich auch sogar eine Flasche Wein zu 48 Kreuzer riskirt. Am 2. Juli verblieben wir hier und wurde uns sogar Hoffnung gemacht, noch 3 - 4 Tage hier bleiben zu können, aber es kam anders. 
 
Der Feind hatte sich trotz unseres sehr schnellen Nachrückens bei Königgrätz gesammelt und sich in dieser Gegend in der Richtung nach Sadowa hin eine sehr gute und verschanzte Position gewählt. Das 1. Bataillon, welches in der Avantgarde war, hatte außerhalb Horsitz Bivouacqs bezogen, und da alle Anzeichen dafür sprachen, daß der Feind gesonnen war, eine Schlacht anzunehmen, wurde vom Befehlshaber unserer Elbarmee Prinz Friedrich Carl der sofortige Abmarsch befohlen. Am 2. Juli Nachts 1/2 12 Uhr erscholl ganz plötzlich das Alarmsignal und um 12 Uhr war schon die ganze Besatzung von Horsitz in Marschbewegung. 
 
Bei ziemlich starkem Regenwetter wurde nun still in die Nacht hinaus marschirt. Um 1/2 7 Uhr schwenkte die ganze marschirende Infanterie rechts und links von der Chaussee ab und wurde befohlen, Feuerherde aufzuwerfen und Kaffee zu kochen. Zu diesem Behufe wurden Leute zum nahe gelegenen Dorfe Cerekwicz zum Wasserholen und Brennmaterial commandirt. Da der Abmarsch so ganz unerwartet erfolgte, hatte sich niemand mit Café versorgt und begnügten sich Offiziere wie Mannschaften, sich an dem Feuer zu erwärmen. Lange sollten wir diese Ruhe aber nicht genießen, denn kaum hatten wir das Feuer im Gange, als in südlicher Richtung vor uns ein Kanonenschuß erdröhnte, worauf dann sofort von unserem Commandeur der Befehl zum Abmarsch gegeben wurde. 
 
Im Laufschritt ging es durch das Dorf Cerekwicz. Als wir am Ausgang des Dorfes angelangt waren, wurde das Bataillon mit dem vorausgeschwärmten Schützenzuge auseinander gezogen. Bei diesem Aufmarsch schlug eine Granate in meine, die 5. Compagnie ein und tötete und verwundete vom rechten Flügel 12 Mann. Vor unserer Schlachtlinie breitete sich eine große 5oo Schritte breite Wiese aus und hieran schloß sich ein Eichen- und links neben diesem ein Tannenwald (Cusseln). 
 
Bis jetzt hatten wir keinen Feind gesehen, obwohl Granaten unaufhörlich in das Bataillon einschlugen. Mit Hurrah wurde der Wald genommen, da man annahm, daß derselbe voll feindlicher Infanterie stecke. Aber wie enttäuscht waren wir, als wir, ohne einen Gewehrschuß zu hören, den Wald genommen hatten. Wir drängten nun, von Granaten und Kartätschenkugeln furchtbar beschossen, durch den Wald, wobei namentlich auch durch herabgeschossene Baumäste viele verwundet wurden, vor. Auf einer Lichtung des Waldes angekommen, empfing uns ein mörderisches Gewehrfeuer und viele Kameraden hauchten tödlich getroffen ihr Leben aus. 
 
Es war vormittags etwa um 11 Uhr, als unser Bataillonsadjutant Leutnant Stabo zum tapferen Widerstand anfeuerte und auch hierbei die erlösende Mitteilung machte, daß Hilfe von Seiten der Kronprinzlichen Armee jeden Augenblick eintreffen würde. Es waren lange und bange Minuten, die verstrichen, denn die Übermacht des Feindes machte sich sehr fühlbar. Derselbe hatte sogar unseren linken Flügel bereits umgangen und bekamen wir nun auch im Rücken Feuer. Da endlich, es mochte 1/2 12 Uhr sein, sausten Granaten von hinter unserer Linie in die feindlichen Truppen hinein. Es war die sehnlichst erwartete Garde Artillerie, welche … ............. 
 
- Ende der Aufzeichnungen -




 
Der Frankreichfeldzug 1870/71
- Tagebuch von Heinrich Köhne (1843- 1913) -
 (Heinrich Köhne: siehe AhnenNr. 1 a der Vorfahrentafel Köhne-Buchschatz)

Heinrich Köhne (1843 - 1913), machte lt. Eintragung in seinem Militair-Paß, ausgestellt am  31. Juli 1867 in Magdeburg vom königlichen Kommando des 1. Magdeburgischen Infanterieregiments Nr. 26, im anhaltinischen Infanterie Regiment Nr. 93 7. Compagnie den Frankreichfeldzug 1870/71 mit. 
Unter der Rubrik "Zusätze zu den Personal-Notizen (Dienstleistungen während der Reserve- und Landwehrdienstzeit usw.)" ist vermerkt:   
"Der pp. Köhne machte in Folge der Mobilmachung den Feldzug in Frankreich mit vom 22. Juli 1870 - 24. Juni 1871.  

Mitgemachte Gefechte 
1. Recognoscirungsgefecht bei Toul 18.8.1870 
2. Schlacht bei Beaumont am 30.8.1870 
3. Schlacht bei Sedan am 1.9.1870 
4. Cernirung von Paris vom 19. September 1870 - 29. Januar 1871 
Commandirt zur Etappe in Beaumont vom 5.9. - 3.10.1870 
Strafen: vacat 
Führung: gut" 
 
Lt. Militair-Paß sowie lt. Soldbuch ist Heinrich Köhne Inhaber folgender Orden und Ehrenzeichen: 
- EK. 1866 
- K.D. 1870/71 
- L.D.A. II. Classe 
 
Als Signalement des Inhabers ist im Soldbuch vermerkt: 
- Größe: 3 Zoll 2 Strich, Statur: ................ 
- Kinn: gewöhnlich, Nase: ... Mund:........ 
- Haar: dunkelblond, Bart: ja 
- Besondere Kennzeichen: ................ 
 
Der Inhaber des Soldbuchs hat zu empfangen: 3 1/2 Sgl Löhnung pro Tag 
 
 
Die Tagebucheintragungen von Heinrich Köhne zu seiner Teilnahme am Frankreichfeldzug 1870/71 lauten: 

Der Frankreichfeldzug 1870/71 
- Tagebuchaufzeichnungen von Heinrich Köhne - 
 
Die Mobilmachungsordre am 20.7.70 empfangen. Am 22.7. Morgens 6 Uhr in Bernburg gestellt, woselbst ich der 7. Comp. Regt. 93 unter Führung des Hauptmanns Sommerlatte zuge- ¬theilt wurde. Am selben Tage wurden noch sämtliche Bekleidungs- und Ausrüstungs¬ge¬genstände empfangen. Bataillonsexercieren und Appells. Am Abend wurde ich als Fourierschütz comandirt.  
 
Sonntag, den 24.7. Mittags 12 Uhr fuhren wir unter Führung des Landwehrleutnants Knobloch von Bernburg ab und kamen um 1/2 2 Uhr in Coethen an, woselbst wir bis Abend 6 Uhr an der Bahn liegen bleiben mußten. Wir fuhren dann weiter, des Nachts um 12 Uhr in .... angekommen, stiegen aus und empfingen dort noch Quartier, allerdings sehr elende.
 
Montag, den 25.7. früh 4 Uhr bestiegen wir wieder die Bahn und fuhren dann mit der HalleCasseler Bahn über Eisleben, Sangershausen, Nordhausen, woselbst wir Essen bekamen, Leinefelde, Heiligenstadt, Göttingen, Hannoversch Gmünden, Cassel, Kirchheim, Marburg, Gießen, Frankfurt a/M, Darmstadt, Bensheim, Heppenheim, Weinheim nach Mannheim, wo wir den 26.7. Vormittags 1/2 10 Uhr ankamen und Quartiere machten. 
 
Um 1/2 2 Uhr desselben Tages Nachmittags kam das Bataillon mit der Bahn an und empfingen sofort Quartiere. Dieselben waren, trotzdem eine wahre Unlast von Militair daselbst schon war, durchweg sehr gut und waren die Leute außerordentlich freundlich. Mein Quartier in der Goldenen Gans, woselbst uns ein reicher Banquier einquartiert hatte. Sergt. Franke zeigte sich in seinem wahren Lichte. Derselbe trieb J. Saußer die letzten 2 ab und ich fiel mit 5 rein. 
 
Mittwoch, den 27.7. Mittags 12 Uhr aus Mannheim durch Ludwigshafen nach Dirmstein 4 Stunden gefahren, wobei wir die prachtvolle Rheinbrücke überschritten. Donnerstag 28.7. das. Ruhe. Freitag 29.7. das. ausmarschirt Morgens 3 Uhr nach Obersülzen, großer Marsch. Sonnabend 30.7. nach Dannstadt. Sonntag 31.7. hatte das Bataillon Kirche. Ich fuhr mit Zahlmeister Kießling nach Frankenthal nach dem Proviantmagazin, woselbst Brot, Speck, Heu empfangen wurde. 
 
Montag 1.8. nach Rodenbach, Dienstag 3.8. nach Enkenbach, Mittwoch 3.8. nach Kaiserslautern. Quartier in einem neu erbauten provisorischen Lazarett. Naundorf u. Eschenbach, Schulze werden zu Unteroffizieren befördert. Donnerstag 4.8. Abends 8 Uhr in Landstuhl angekommen und Quartier beim Kaufmann W. Tretter, vorzügliche Aufnahme. Demselben versprochen, Nachricht zu geben. 
 
Freitag 5.8. das erste Bivouacq hinter Homburg bei Schwarzenacker bezogen. Daselbst lag die ganze Brigade. Wetter gut. Sonnabend 6.8. Bivouacq bei Zweybrücken, dicke regnerische Luft. Nachmittags 2 Uhr die ersten Kanonenschüsse von Saarbrücken her kommend gehört. 
 
Sonntag, den 7.8. Morgens 6 Uhr Abmarsch. Von nun an wurde, da wir nahe der Grenze waren, mit Vorsichtsmaßregeln marschirt und hinter dem Dorfe Altenheim mitten im Marsche die Gewehre geladen. Nachdem Rendezvous gemacht. Abends 7 Uhr überschritten wir bei dem Dorfe Benschelbach die Grenze, wobei natürlich ein nicht endenwollendes "Hurrah" gebracht wurde. Bis nachts um 12 Uhr in einer Tour marschirt, da wir den Vormarsch von französischen Truppen auf die Festung Bitsche verhindern bzw. abschneiden sollten. Um 1/2 12 Uhr wurde Halt gemacht und Bivouacq in der Nähe der Festung Bitsche bezogen. Eine sehr rauhe und regnerische Nacht. 
 
Am 8.8. ins Bivouacq bei Corenzen. Bis 9.8. fortwährend starker Regen. Am 10.8. Mittwoch in´s Bivouacq bei Wolfskirchen. Den ganzen Tag und die darauf folgende Nacht furchtbar Regen, sodaß wir bei sehr mangelndem Stroh total durchnäßt am andern Morgen den 11.8. Donnerstag abmarschirten. In Harskirchen wurden wir einquartiert und hatten daselbst Gelegenheit, unsere nassen Kleidungsstücke zu trocknen. Die Leute daselbst sprechen alle Deutsch und nahmen uns freundlich auf. Vom 12. - 15. 8. Montags immer Alarmquartiere, 15.8. die Mosel überschritten und bei Lassi ins Bivouacq gerückt. 
 
Dienstag, den 16.8., Recognoscirung gegen die Festung Toul. Mittags 1/4 1 Uhr rückte unser Regiment, das 2. u. Füsilier Batl. Rgt. 27 vor mit nur einer Batterie Artillerie. Wir empfingen sofort von der Festung aus ein mörderisches Geschütz- und Gewehrfeuer, ohne daß wir (Infanterie) irgend etwas ausrichten konnten. Unser Bataillon nahm deshalb hinter den die Stadt umgebenden Gartenhäusern und Mauern Deckung, während das 1. u. Füsilierbataillon vorstürmten. 
 
Dieselben, namentlich die Letzteren mußten sich, da die Festung sehr stark vertheidigt wurde, mit einem bedeutenden Verlust zurückziehen, welchem letzteren Beispiel unser Bataillon auch folgte. Der Verlust des Regiments beläuft sich hierbei auf ca. 120 Mann Todte und Verwundete. Unser Bataillons Commandeur Major von Schwemmler war eines der ersten Opfer an diesem Tag; derselbe erhielt eine Kugel durch die linke Seite, woran er tags darauf verschied (17.8.). 
 
Am selben Tage (16.8.) Nachmittags 5 Uhr bezogen wir ca 1 1/2 Stunden nördlich von Toul Bivouacq. Daselbst rückten wir am 17.8. Mittwoch früh 10 Uhr aus nach Boucq, woselbst wir bis 19.8. blieben. Am Sonnabend, 20.8. über Commercy nach Chonville. Das. hatte ich einen Anfall von Cholera, wurde aber durch die wirklich gute Pflege der Wirthin, eine nette junge Frau, bald curiert. 
 
Am 22.8. hatte das Bataillon Felddienstübung und wurden auch leider die Quartiere gewechselt. Am 23.8. Dienstag nach Bockville. Mittwoch 24.8. nach Bettere. Donnerstag 25.8. nach Conde. Freitag 26.8. ins Bivouacq nach Fleury. Auf dem Marsch nach dort überlieferten Ulanen 60 Mann Mobilgardisten Rekruten, welche sie den französischen Cürassieren abgetrieben hatten. Sonnabend 27.8. ins Bivouacq. Sonntag 28.8. nach Malancourt. Montag, 29.8. ins Bivouacq.  
 
Dienstag 30.8. früh 1/2 7 Uhr begrüßte uns unser Brigade Commandeur von Zychlinsky, als wir eben abmarschiren wollten, mit den Worten: "Leute, heute gilt es! Darum macht Eurem Vaterlande, Eurem Anhalt, Ehre und stehet fest bis auf den letzten Mann." Wir marschirten darauf ab, unser 1. Bataillon an der Spitze, immer im Walde, wo unsere Pioniere beschäftigt waren, den Weg, welcher durch das Regenwetter und unsere Artillerie, welche auch vorweg marschirte, fast unpassierbar geworden war, in Stand zu setzen. 
 
Bis 11 1/2 Uhr waren wir marschirt, als wir ein furchtbares Getöse ähnlich wie Rollen des fernen Donners vernahmen und sofort wurden einem jeden die Worte unseres Generals klar. Bis 12 Uhr waren wir fortwährend im Walde marschirt, als wir endlich auf das freie Feld kamen, wo der Kampf schon seit einer halben Stunde zwischen unsern 4.Jägern 13. Inftr.Brigade 8.Division, Truppen von anderen Corps gegen die Franzosen unter General Faille hin und her wogte. Unser Bataillon, auf dem Platze angekommen, formirte sich nach der Mitte in Colonne, wobei der hinter mir marschirende H. Stöber von einer Kugel durch die linke Brust tödlich getroffen wurde. 
 
Wir rückten nun auf das Schlachtfeld vor und nahmen Reservestellung ein. Nach einigen Stunden starker Gegenwehr zog sich der Feind aus seinen Stellungen auf Beaumont zurück, wurde aber aus dieser Stellung sofort geworfen und nun rückte unser Regiment ins erste Treffen. Hinter Beaumont hatte der Feind seine Truppen wieder gesammelt und namentlich die zum Vertheidigen sehr günstigen Berge mit seinen ihm noch nicht genommenen Mitrailleusen stark besetzt, welche auch ihr schrecklich klingendes, aber wie erwiesen nicht viel Schaden bringendes Feuer auf uns, die wir meistens in aufgelösten Maßen vorgingen, losließen. 
 
Durch das Weichen des Feindes von noch viel größerem Muthe beseelt, stürmten wir mit fortwährendem Hurrah die Anhöhen, brachten den Feind abermals zum Weichen und nahmen viel Kanonen und Mitrailleusen. Wir drangen nun in unaufhaltsamen Lauf bis vor Mouzon vor, wo die feindliche Infanterie in dem Walde sich wiederum gesetzt hatte und so aus ihren verdeckten Stellungen durch furchtbares Gewehrfeuer uns Halt boten. Dies dauerte indeß nur einige Minuten und der Wald wurde genommen, natürlich mit bedeutenden Verlusten. Nun zog sich der Feind über Mouzon, welches bisher durch den Wald unseren Augen verschlossen geblieben war, in wildester Flucht, den Rückzug durch Cavallerie deckend, nach Sedan zurück. 
 
Dies war gegen 8 Uhr abends und schlugen wir nun unser Bivouacq vor Mouzon auf. Am andern Morgen, Mittwoch 31.8., rückten wir in Mouzon ein und erhielten Quartiere. Da fanden wir dann die Straßen noch mit Leichnamen, verwundeten und todten Soldaten und Pferden bedeckt. Trotzdem aber waren die Leute ziemlich freundlich gegen uns und wurden wir auch gut verpflegt. 
 
Donnerstag 1.9. wurde plötzlich alarmirt u.....und fing es auch ziemlich stark zu regnen an. Deshalb machte ich mich auf den Bivouacq Platz zurück, um mir ein Obdach von Sträuchern zu bauen; dies geschah denn auch in Gesellschaft mit O. Eschenbach. Am Sonnabend, den 3.9., marschirten wir nach Stonne. Sonntag 4.9. Gottesdienst das. (Schulze zum Vice Feldwebel befördert).  
 
Montag 5.9. wurde ich, während das Bataillon abrückte, zum Etappen Kommando nach Beaumont commandirt. Das Commando führte Vice Feldwebel Hellberg 2. Comp.. Nachmittags kamen wir an, ca 120 Mann, und empfingen Quartiere. Das Regiment marschirte auf Paris und kam am 19.9. in St. Briece vor Paris an. Unser Commando wurde durch die 56er Landwehr abgelöst. Wir marschirten vor zu unserem Regiment. 
 
Am 29.9. erreichten wir dasselbe in St.Briece, von wo die Comp. resp. Batl. die Vorpostenstellung bei Pierrelafitte bezogen und am 23.9. ein Vorpostengefecht (Adalbert Römer tot) gehabt hatte. In St Briece blieben wir bis 11.10. liegen und kamen dann nach Deuil ganz nahe der feindlichen Vorpostenstellung. Als wir daselbst einzogen, begrüßte uns der Feind mit einigen Granaten, welche aber glücklicherweise alle über uns wegsausten.Wir lagen hier forwährend auf Alarm und zogen außerdem noch alle vier Tage auf Vorposten. Hierbei waren wir stets dem furchtbarsten Granaten- und Gewehrfeuer des Feindes ausgesetzt. Tagtäglich schlugen die Granaten in Deuil ein. 
 
Bis 27.11. blieben wir in Deuil und wurden dann durch das 1. u. Füsilier Batl. 27 abgelöst. Diese waren bisher in der Bretagne gegen die Franctireurs gewesen, bei welcher Gelegenheit diese viele Dörfer niedergebrannt hatten, weil Einwohner aus den Häusern auf unsere Patrouillen schossen. Wir bekamen nun Quartier in dem eine halbe Stunde nördlich liegenden Städtchen Montmorency. Wie schon in Deuil so auch hier hatten fast alle Einwohner ihr Haus verlassen, kamen jedoch nach einiger Zeit zum Theil wieder zurück. Mein Quartier bekam ich in einem Sommerhause, welches einer sehr reichen deutschen Familie gehören soll, auf der rue chemin Basseros. Von hier aus bezogen wir ebenfalls dieselben Vorposten wie von Deuil aus und hatten außerdem noch sehr starke Wachen im Cantonnement zu thun. 
 
Am 12. starker Ausfall des Feindes bei Epinai gegen die 8. Division. Auch das 1 Batl. wurde hierbei mit ins Gefecht gezogen. Wie es heißt, hatte der Feind die 71er durch List überrumpelt und dadurch aus ihrer Vorpostenstellung in und bei Epinai geworfen; die ersten Linien des Feindes hatten nämlich mit weißen Tüchern geweht und waren dadurch, ohne daß unsere Vorposten geschossen hatten, an das Gros, welches in Epinai lag, herangekommen. Indeß dauerte das Spiel nicht lange, denn unsere Artillerie, welche auf dem Dorgemont placiert war, sandte wohlgezielte Granaten in die Reihen des Feindes und alsbald floh derselbe in wildester Flucht, leider mehrere Gefangene mit sich führend. 
 
Wenn wir nicht auf Vorposten waren, wurde täglich 1 1/2 - 2 Stunden im Detail exerciert.  Am 24. 12. wurde wiederholt ein Ausfall bei le Bourget, wo unser Gardecorps die Vorpostenstellung hatte, vermuthet und rückten wir deshalb Morgens um 1/2 5 Uhr ab zur Verstärkung. Um 9 Uhr kamen wir in Goness nahe der Stellung an und blieben bis 1 Uhr Mittags daselbst und da der Feind sich nicht näherte, überhaupt gar keine Miene machte zum Angriff, rückten wir in unsere Quartiere zurück, wo ich dann den Heil. Abend, trotzdem ich todmüde war, in der Wohnung des Feldwebels Schulz in Gesellschaft mit Eschbach, welcher einen Christbaum angeputzt hatte, dem Hilfs Auditeur Malinowsky und Vice Feldwebel Schulz aus Coethen in der besten Laune und Gemüthlichkeit verlebte.   
 
Am 21. Januar 1871 präcise 9 Uhr begann das Bombardement von den auf den Höhen bei Montmorency bei pp. errichteten Festungsbatterien auf St. Denis und den sämmtlichen nördlich gelegenen Forts la Briece de l´est, double Coronne du nord pp.. Bis 27.1. dauerte dasselbe ununterbrochen fort. Am 28.1. capitulierte Paris unter der Bedingung der Abtretung aller Forts mit allem Material, außerdem Verproviantierung von Paris gegen Vergütung von 200 Millionen Francs.  
 
Am 29.1. früh 10 Uhr rückten wir aus Montmorency und marschirten, nachdem eine Abtheilung zum Untersuchen vorausgeschickt war, um 3 - 4 Uhr unser Batl. zuerst in das Fort de la Briche ein. Die Compagnien mußten vor dem Fort bivouaquiren, wozu einige Decken aus dem Fort geholt wurden. Ich kam die Nacht auf Wache und hatte, da wir die Wachstube im Fort bezogen hatten, einen bedeutenden Vortheil. Anderntags geschah dann die vollständige Übergabe der Pulverräume durch einen französischen Ingenieur Offizier. Nachmittags 2 Uhr rückten wir in St. Denis ein (Quartier rue de la legion d´honneur) und erhielten dort Quartiere, mit uns zugleich noch das 27. Regt.. Am 1.2. kamen wir auf Vorposten zwischen St. Denis und Paris. Am 7.2. wieder auf Vorposten, diemal aber in der grande route de la Chapelle, wo alles, was von Paris rein und raus wollte, uns passieren mußte. 
 
Am 8.2. wurden wir das. durch das 3. Garde Regiment abgelöst und erhielten wir zugleich auch Befehl zum Abmarsch. Nachmittags um 1 -2 Uhr rückten wir aus und kamen um 1/2 5 Uhr in Montmorency an, wo wir die scheußlichsten Quartiere bekamen. 9.2. blieben wir noch da. 10.2. früh rückten wir aus nach Orgewall. Am 11.2. nach Montfort l´Amoury, kleine Stadt. 12.2. Ruhe. 13.2. St. Lucien. 14.2. nach Gatelles. 15.2. Ruhe (G. schlecht). Am 16.2. nach Laudigerie b/Evreúse. 17.2. die ganze Compagnie in einem chãteau. 18.2. nach Buissons b Bellème. Sehr gutes Quartier. Wir blieben das. bis 25.2., wo wir über Bellème nach Vesot marschirten. 26.2. nach Mareché bei Beaumont sur Sarthe. Das. traf dann endlich die Nachricht von dem definitiven Friedensschluß ein. 
 
Am 2.3. traten wir denn auch den Rückmarsch nach Colombiers an. Bis 6.3. blieben war das. liegen, wo wir dann nach Namers, einer reizenden Stadt kamen. Ich kam sofort auf Wache, wurde jedoch am Abend abgelöst (Regenwetter und kalt). Am 7.3. nach Reveillon in Massenquartier. Am 8.3. nach Chapelle bei Montagne, Dep. Lórainne. 9.3. Ruhe das. 10.3. nach St. Maurice (kl. Stadt). Am 11.3. nach Saucelle (kl. Dorf). 12.3. Sonntag nach Prudemanche Brezolles, wo wir 13.3. Ruhe hatten. Am 14.3. nach St. Germain, kleines Dorf bei Dreuse. 15.3. Boncourt bei Anet, Dep. Meuse et Loire. 16.3. nach Fabrieuse. 17.3. Ruhe das., miserable Quartiere. 18.3. nach Meulan. 19.3. Pontoise. Quartier gut. 20.3. nach Boran. 21.3. nach Persan b. Beaumont sur Oise. Bis 11.4. geblieben, danach Bailleval b. Clermont. 12.4. nach Nointel, bis 30.4. geblieben und dann nach Cannettecourt marschirt, wo wir die 6. Comp. ablösten. 
 
Am 16.5. nach Cire-les Mello ( prächtiges Schloß einer Princess von Savoyen). Am 17.5. nach Valmondois bei Pontoise. Am 24.5. Erstürmung von Paris durch französische Regierungstruppen. Am 17.6. Morgens 6 Uhr ausmarschirt nach ..... Von nun an täglich andere Marschquartiere, bis wir am 18.6. in Dammartin vor Paris ankamen. In diesem Orte wurde unserer Compagnie ein Arrestant übergeben, welcher bis Reims transportiert werden sollte. Ich war auf Wache, als ich von diesem Transport erfuhr, und es gelang mir, da ich für 10 Frs jemand fand, der meine Wache übernahm, den Transport zu bekommen. Wir fuhren denselben Tag von Station Dammartin über Soissons nach Reims.  
 
Damit endet die Schilderung des Frankreichfeldzugs im Tagebuch von Heinrich Köhne   



Anforderung unter Kontakt: gerhard.selmayr@kit.edu
Share by: